Die Bewertung einer Schimmelpilzbelastung und eines Schimmelpilzbefalls muss unter den verschiedensten Gesichtspunkten erfolgen. Sie erfordert einen hohen Sachverstand und den Überblick über ökologische sowie hygienisch-mikrobiologische als auch analytisch-diagnostische und medizinische Zusammenhänge.
Da es keine universelle Methode zur Bestimmung eines Schimmelpilzbefalls gibt, wird ein breites Spektrum an Techniken angewandt, um ein optimales und zielgerichtetes Vorgehen zu ermöglichen. Die Kenntnis maßgeblicher Richtlinien und Leitfäden sowie eine Laborausstattung auf dem Stand der Technik sind weiterhin ein unerlässliches Mittel, aussagekräftige und fundierte Ergebnisse zur Klärung der Ursache des Schimmelpilzbefalls zu erzielen. Es existieren zahlreiche Pfade, auf denen Keime in die Innenraumluft gelangen. Schimmelpilze, Hefen und Bakterien sind in der Außenluft zahlreich vorhanden und gelangen durch offene Fenster und Türen in den Innenraum. Bakterien und Hefen stammen dabei vorwiegend vom Erdboden und werden an Boden- oder Staubpartikeln anhaftend in die Raumluft übertragen. Viele Schimmelpilze besitzen mit ihren Sporen luftgetragene Einheiten, welche optimal an eine Verbreitung durch die Luft angepasst sind. Neben den natürlich vorkommenden „Luftkeimen“ müssen noch die vom Menschen eingebrachten Keime bedacht werden, welche durch Sprech- und Hustentröpfchen oder durch Abrieb von besiedelten Haut- und Haarpartikeln verbreitet werden. In einigen Fällen werden auch von Textilien oder Fußböden bakterienhaltige Teilchen aufgewirbelt. Der Großteil dieser Mikroorganismen zählt dabei zu den sog. Umweltkeimen. Diese sind meist für den gesunden Menschen ungefährlich. Es kann jedoch auch vorkommen, dass Krankheitserreger über die Innenraumluft verbreitet werden. In diesem Fall ist die Konzentration, mit der die Keime auftreten von entscheidender Bedeutung. Wird eine Schwellenkonzentration überschritten, so steigt das Risiko einer Erkrankung erheblich. Menschen mit einer gestörten Infektabwehr bzw. einem geschwächten Immunsystem sind dann besonders gefährdet. Hygienemaßnahmen sollen helfen, ein Gesundheitsrisiko zu minimieren.
Unter dem Begriff „Hygiene“ muss nicht nur Sauberkeit verstanden werden, sondern im wissenschaftlichen Sinne auch der Versuch Krankheiten zu verhüten sowie das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit aller zu erhalten bzw. zu steigern. Damit sollte eine möglichst geringe Belastung der Menschen durch Umweltfaktoren einhergehen. Da der Mensch sich zu etwa 80% in Innenräumen aufhält, muss dies vor allem für Wohn- und Arbeitsplätze gelten. Es sollte ein physiologisch optimales Raumklima angestrebt werden, welches sich im Allgemeinen durch Raumtemperaturen von 20-22°C und relativer Luftfeuchte von 50-60% auszeichnet. Krankheitskeime sollten in der Innenraumluft nicht vorkommen.
An Arbeitsplätzen und in großen Gebäudekomplexen können raumlufttechnische Anlagen dazu beitragen, diese Zustände herbeizuführen und zu erhalten. Zuweilen werden jedoch über den Luftpfad, auch durch RLT-Anlagen, Bakterien und Pilze verbreitet. Als bakterielle Keime sind Aktinomyzeten, Sporenbildner (Bacillaceae), Kokken, Mikrokokken und Corynebakterien von Bedeutung. Auf Seiten der Schimmelpilze werden am häufigsten Vertreter der Gattungen Cladosporium, Penicillium, Alternaria, Aspergillus und Botrytis nachgewiesen. Bei den Hefen treten Rhodotorula sp. und Saccharomyces sp. auf. Unter diesen Mikroorganismen sind auch gesundheitsschädliche Keime zu finden, welche vor allem bei immungeschwächten Personen zu Infektionen und bei vielen Menschen zu Allergien führen können.
Werden Krankheitskeime über die Lunge aufgenommen, so kann dies schnell zu einer Erkrankung führen, die den ganzen Körper beeinträchtigt. Der enge Kontakt zum Blutkreislauf in der Lunge hilft den Erregern sich im Körper des Menschen zu verbreiten oder lässt einen Übertritt von Stoffwechselprodukten der Keime ins Blut zu. Da jedoch das menschliche Immunsystem ebenfalls im Blutkreislauf lokalisiert ist, kann der Körper auch umgehend auf eine Infektion reagieren.
Häufige Ursache für hygienische Probleme in RLT-Anlagen ist die Verkeimung von Filtern, welche durch Kondenswasserbildung und Staubverunreinigungen gute Wachstumsbedingungen für Keime schaffen. Die Keime werden zwangsläufig aus der Außenluft angesogen, können unter geeigneten Bedingungen den Filter durchwachsen und werden somit in die Raumluft abgegeben. Die regelmäßige Wartung und Hygieneinspektion der RLT-Anlagen und ihrer Filtersysteme kann die damit verbundenen gesundheitlichen Risiken für Arbeitnehmer minimieren und sollte daher in regelmäßigen Abständen vorgenommen werden. Der Wechsel bzw. die maximale Standzeit der Filter ist in der VDI 6022 festgelegt und beträgt 1 bzw. 2 Jahre für Grob- oder Feinfilter. Je nach Bedarf (Grad der Verschmutzung, Herstellerempfehlung) sind kürzere Intervalle notwendig.
Gefährdungspotential
Verschiedene Schimmelpilze oder Bakterien können als Krankheitserreger auftreten oder sind Auslöser von Allergien. Dabei unterscheiden sich die zahlreichen Arten in ihrem Potential oder der Wahrscheinlichkeit eine Krankheit auszulösen. Viele Arten sind ungefährlich für den gesunden Menschen, wohingegen einige Arten auch den gesunden Menschen infizieren können. Dies trifft insbesondere auf einige bakterielle Erreger zu. Diese Unterschiede gehen auf spezielle Eigenschaften der einzelnen Arten und ihrer Stoffwechselleistungen zurück.
Im Rahmen der aktuellen Biostoffverordnung werden die Mikroorganismen nach verschiedenen Kriterien in Risikogruppen eingeteilt. Diese Kriterien sind z. B.:
- Natürliches Vorkommen und Verbreitung der Arten
- Produktion von Giftstoffen (Endotoxine, Exotoxine, Mykotoxine)
- Wege zur Aufnahme des Erregers (Mund, Lunge, Haut, Magen-Darm-Trakt)
- Inkubationszeit einer eventuellen Erkrankung
- Schwere und Verlauf einer möglichen Erkrankung (chronisch, akut)
- Mögliche Folgekrankheiten oder Spätfolgen
- Diagnosemöglichkeiten und Therapien (Antibiotika)
- Übertragbarkeit einer Erkrankung
- Bekannte Resistenzen gegenüber Antibiotika
Für Bakterien sind die geltenden Risikoeinstufungen sehr treffend, da die bakteriellen Krankheitserreger schon lange umfassend erforscht sind. Im Gegensatz dazu herrscht bei den Schimmelpilzen noch Forschungsbedarf. Die derzeit gültigen Risikoeinstufungen berücksichtigen keine aktuellen Forschungsergebnisse und basieren oft auf der Identifizierung einzelner Pilzarten aus klinischen Isolaten d. h. aus menschlichen Gewebeproben. Es ist jedoch bekannt, dass die Schimmelpilze bei Infektionen ein anderes Aussehen und Wachstumsverhalten zeigen, was zu Fehlern bei ihrer Identifizierung führen kann. Aktuelle Forschungsergebnisse und Erfahrungen legen daher nahe, einzelne Arten kritischer zu sehen als ihre derzeitige Risikogruppe vorgibt. Als Beispiel sei hier Aspergillus Niger genannt, welcher nachweislich zu Infektionen der Ohren, Lunge und anderer Organe führen kann. Nach der geltenden Biostoffverordnung wird A. Niger jedoch zu den eher ungefährlichen Umweltkeimen der Risikogruppe 1 gezählt.
Obwohl für die Einteilung ein breiter Katalog von Kriterien zugrunde gelegt wird, kann die jeweilige resultierende Risikoabschätzung nicht pauschal für alle Menschen gelten. Es muss insbesondere festgehalten werden, dass die Einstufung sich im Wesentlichen nach dem infektiösen Potential und nicht nach dem sensibilisierenden Potential richtet. Eine Sensibilisierung kann zu einer Allergie führen, welche ebenfalls starke körperliche Auswirkungen mit Krankheitssymptomen haben kann. Viele persönliche oder individuelle Faktoren wie eine genetische Voraussetzung können das Risiko für einen Einzelnen, sich zu sensibilisieren, deutlich erhöhen. So ist bekannt, dass Personen, deren Eltern bereits an Allergien leiden, ein deutlich höheres Risiko haben, auch eine Allergie zu entwickeln. Auch im Falle von Infektionen wie z. B. Fußpilz sind besondere Bevölkerungsgruppen wie Leistungssportler, Diabetiker und Raucher stärker gefährdet als die Allgemeinbevölkerung. Daher muss immer im jeweiligen Einzelfall erörtert werden, welches Risiko von einer Pilzart für einen Menschen ausgeht.
Als Risikogruppen werden insgesamt vier Gruppen definiert:
Risikogruppe 1: Keime, bei denen es „unwahrscheinlich“ ist, dass sie beim Menschen eine Krankheit verursachen (hierzu zählen auch Arten, die bei stark immungeschwächten Personen Krankheiten verursachen können oder Arten, denen „nur“ ein allergenes Potential zugeschrieben wird). Hierzu zählen bis auf wenige Ausnahmen Schimmelpilze.
Risikogruppe 2: Keime, die eine Krankheit beim Menschen hervorrufen können und eine Gefahr für Beschäftigte darstellen können; eine Verbreitung des Erregers in der Bevölkerung ist unwahrscheinlich; eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung ist normalerweise möglich. In diese Kategorie werden Schimmelpilze der Arten Aspergillus Fumigatus und Aspergillus Flavus eingeteilt.
Risikogruppe 3: Keime, die eine schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen können und eine ernste Gefahr für Beschäftigte darstellen können; die Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung kann bestehen; normalerweise ist eine Vorbeugung oder Behandlung möglich.
Risikogruppe 4: Keime, die eine schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen können und eine ernste Gefahr für Beschäftigte darstellen können; die Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung ist unter Umständen groß; normalerweise ist eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung nicht möglich.
►Oberflächenuntersuchung
Von hygienerelevanten oder möglicherweise belasteten Oberflächen werden mit Hilfe von Abklatschproben auf verschiedenen Nährmedien (DG18 und MEA) Kontaktproben entnommen. Die Nährmedien werden anschließend im Labor bei 25 °C 5 – 7 Tage bebrütet und dann ausgewertet (inkl. Differenzierung der Gattungen und häufigsten Arten von Schimmelpilzen).
►Luftkeimuntersuchung
Eine universelle und vielseitig einsetzbare Lösung zur Erfassung biologischer Luftinhaltsstoffe stellt ein so genannter Impaktionssammler dar. Das verwendete MBASS 30 der Firma Holbach mit dem Luftkeimsammelkopf LKS30 zeichnet sich dadurch aus, dass in einem speziell gefertigten Aluminiumgehäuse handelsübliche Agar-Schalen (Nährböden) eingesetzt werden können. Somit ist man sehr variabel bei der Wahl des Nährmediums, um aus mikrobiologischer Sicht eine aussagekräftige Bewertung der jeweiligen Fragestellung vornehmen zu können.
Über die Agar-Schalen wird mittels einer Vakuumpumpe ein kalibrierter Luftstrom von 30 l/min gesaugt. Im Probennahmekopf des Impaktionssammlers ist eine Lochplatte mit einer bestimmten Anzahl von Bohrungen mit gleichem Durchmesser enthalten, welche dazu dient, den Volumenstrom kontrolliert über die Agar-Schalen zu leiten und die Partikel mit der Luft so zu beschleunigen, dass eine Abscheidung der Partikel nach dem Trägheitsprinzip erfolgt. Die Verteilung der Löcher (insgesamt 323) sorgt für eine gleichmäßige Beaufschlagung des Nährmediums. Für eine Luftkeimsammlung werden in Abhängigkeit der Staubbelastung folgende Probenluftvolumina verwendet: 50 Liter, 100 Liter, 200 Liter oder 300 Liter. Die Entscheidung, mit welchem Luftvolumen die Nährmedien beaufschlagt werden, wird vor Ort getroffen.
Die Auswertung der mikrobiologischen Messergebnisse (inkl. Differenzierung der Gattungen und häufigsten Arten von Schimmelpilzen) und die fachliche Bewertung erfolgt in mikrobiologischen Speziallabors.